Direkt zum Inhalt

Lenk, C. (2014). Unethische Forschung und gute wissenschaftliche Praxis. In C. Lenk, G. Duttge, & H. Fangerau (Eds.), Handbuch Ethik und Recht der Forschung am Menschen (pp. 279–285). Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-35099-3_47

Zusammenfassung

Die Debatte über Grenzen der Forschung ist so alt wie die Suche nach der Erweiterung des medizinischen Wissens selbst. Der Überlieferung nach (Celsus, De Medicina, Prooem. I) führten die griechischen Anatomen Erasistratos und Herophilos in Alexandria Vivisektionen bei verurteilten Strafgefangenen durch. Der Hippokratische Eid enthält jedoch keine Überlegungen zur medizinischen Forschung oder zur systematischen Erweiterung medizinischen Wissens. Ein unethischer Umgang mit Patienten ergab sich aus der Übertretung der tradierten ärztlichen Pflichten, wie sie etwa im Hippokratischen Eid formuliert waren. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich die antiken Überlegungen zur Medizinethik weitgehend auf das Patientenwohl konzentrierten und die Patientenautonomie demgegenüber keine hervorgehobene Rolle spielte. Die „autonomistische Wende“ der Medizinethik ergab sich nach diversen Vorfällen bereits im 19. Jhdt. unter wesentlicher Beteiligung der Forschungsethik erst im 20. Jhdt. durch die Aufarbeitung der erzwungenen Teilnahme von inhaftierten Kindern und Erwachsenen an medizinischer Forschung in Konzentrationslagern im Nationalsozialismus. Diese Vorfälle wurden für die folgenden Jahrzehnte das entscheidende Paradigma für unethische Forschung in der Medizin und prägten wesentlich die nationalen und internationalen Deklarationen und Kodizes.

https://doi.org/10.1007/978-3-642-35099-3_47